DSA: Die düstere Seite von Hafti – Das neue Album von Haftbefehl
von Campus Crew Redaktion am 06.05.2021
Am Freitag droppte der Offenbacher Rapper Haftbefehl sein neues Album „Das schwarze Album“ (DSA). Vor nicht einmal einem Jahr veröffentliche er das dazu passende „Das weiße Album“ (DWA). Gefühlvolle Songs und Autotune Parts aus DWA finden sich auch in dem neuen Album. DSA soll die düstere Fortsetzung sein.
Auf 13 Tracks setzt sich der hessische Rapper mit seinen Depressionen, Suizidgedanken und Drogenexzessen auseinander. Die Texte und Beats sind melancholischer und durch das Album zieht sich eine grundlegende Schwere. Neben Farid Bang und Luciano gibt es unter anderem Features mit Haiyti und Milonair oder Capo, Veysel und Ezhel.
Noch vor ein paar Monaten machte Haftbefehl damit Schlagzeilen sich selbst ins Bein geschossen zu haben. Doch das hält weder seine Rap-Kolleg:innen noch die Feuilletist:innen dieses Landes davon ab, ihn und seine Arbeit in den Himmel zu loben. Und das zurecht.
Schwermütige Stimmung mit Autotune
Der erste Track Kaputte Aufzüge sticht vor allem mit sanften, melodischen Beats und der Autotune-Stimme von Hafti hervor. Doch seine Worte reichen bereits aus, um die harte Realität der Blocks zu skizzieren. „Anscheinend nahm sich mein Nachbar sein Leben […]/Erst nachdem drei Tagen seine Leiche am Seil hang/Und es im Flur roch nach verfaulten Eiern“ verdeutlichen die schwermütige Stimmung, die im ganzen Album omnipräsent ist.
Bolognese statt Crack
Drogen und Kokain ziehen sich durch die erste Hälfte wie eine weiße Line durch das ganze Album. In Crackküche erzählt der Rapper von seiner Zeit als Dealer: „Im Ghettoblaster läuft Hafti Abi/Cr-Crackküche/Schmeiß den Gasherd an und reich mir die Streckmittel“. Heute kocht der Rapper immer noch, aber viel lieber eine neue Version Bolognese mit Entrecôte, wie er in einem Interview mit Diffus gegenüber Miriam Davoudvandi erwähnte. In dem Song Kokaretten glorifiziert er zwar sein Leben mit Drogen und Reichtum (Wenn Haft den Juwelier verlässt, ist der Laden tot, Diggi – Flohmarkt/Verballer‘; hundert K an ei’m Montag […]), aber er zeigt auch die Schattenseiten des Drogensumpfes und thematisiert seine Suizidgedanken, wie zum Beispiel in Wieder am Block mit Soufian:
Zigaretten gesmoked, Linien gerobbt/Psyche gerobbt, mit Familie gezofft/Umso größer die Sünden, desto tiefer das Loch/Suizid, keine Hoffnung, ich bin im siebten Stock.
Spätestens bei Du weißt dass es Haft ist zeigt sich Haftbefehl wieder von einer gewohnt härteren Seite (übrigens auch der Titel einer 25-minütigen Dokumentation über den Rapper von Amazon Music). Langjährige Fans kennen diese Zeile vielleicht noch aus dem Song Ich ficke dich mit Xatar und Massiv (2013). Denn „Baba Haft ich bleibe rough“ verspricht er sich und seinen Fans in „Ruff“ mit dem Rapper Luciano. Auch Songs wie Lebe leben zeigt er wieder wie rough er ist.
Einem hochgelobten Lyriker wie Haftbefehl sollten besser Limes einfallen
Dennoch ist neben all dem Lob auch Kritik an den Texten des Albums angebracht. Der Rapper kann sich sogar nach elf Jahren Musik machen Wörter wie „Fotze“ immer noch nicht verkneifen. Einem hochgelobten Lyriker wie Haftbefehl sollten doch mittlerweile auch besser Limes einfallen als: „Die karibische Fotze geht auf die Knie trotz Rock“ (Wieder am Block). Vor allem wenn er ein paar Zeilen vorher erst melancholische über seine psychischen Probleme spricht (Ich fühle mich seit Wochen nicht mal tief in mein’n Knochen/Fremdwort bleibt „Liebe“ und „Lachen“, Herzen sind gebrochen). Selbstprofilierung funktioniert auch ohne die Abwertung eines ganzen Geschlechts und würde es weiblichen Hörerinnen erleichtern seine Musik ohne schlechtes Gewissen hören zu können. Auch die Debatte um das Z-Wort anlässlich der WDR-Talkrunde Die letzte Instanz scheint an dem Offenbacher komplett vorübergezogen zu sein. Denn auch er verwendet immer noch diesen Begriff in einem seiner Texte (Kaputte Aufzüge).
Endzeitstimmung macht sich breit
Mit den letzten Liedern des Albums macht sich eine Endzeitstimmung breit. In Leuchtreklame prophezeit der Rapper das Ende unserer Zeit: „Und so langsam kommen wir dem Ende nah/Kranke Seelen, jeder da draußen denkt: „Mir egal/Und tut so als wär nichts und einfach auf sein Handy starrt“. Leuchtreklame featured neben Bausa auch den Newcomer Schmyt, der erst Anfang April seine erste eigene EP „Gift“ veröffentlichte. Das Motiv „Engel und Teufel“ kommt in diesem Song und in dem letzten Titel EMSF (Engel mit schwarzen Flügeln) besonders zur Geltung. Es spiegelt sich auch in den Albumcovern von DWA und DSA wider und findet sich immer wieder in Haftbefehls Musik.