We were both young when I first saw you – Fearless (Taylor’s Version)

von am 25.05.2021

Nachdem Taylor Swift bereits die Singles Love Story, You All Over Me und Mr. Perfectly Fine – alle Taylor’s Version – neu released hat, folgt nun das erst Re-Recording eines Albums. Mit Fearless (Taylor’s Version) zeigt die Sängerin, dass sie den Original-Songs treu bleiben und trotzdem einen neuen Touch einfließen lassen kann.

Eine Review von Annette Benner

Swift möchte die Rechte an ihrer Musik zurück

Swift nimmt ihre ersten sechs Alben in Folge eines Rechtsstreits mit Scooter Braun und Scott Borchetta, dem Gründer des US-amerikanischen Musiklabels Big Machine Records (BMR) neu auf. Der Plattenvertrag bei BMR war der erste, den die damals 15-Jährige jemals unterzeichnet hatte und kam mit der Vertragsbedingung dass die Lizenzrechte an Swift’s Musik bei dem Label liegen. In einem Statement aus 2019 schrieb Swift dazu:

For years I asked, pleaded for a chance to own my work. Instead I was given an opportunity to sign back up to Big Machine Records and ‘earn’ one album back at a time, one for every new one I turned in. I walked away because I knew once I signed that contract, Scott Borchetta would sell the label, thereby selling me and my future. I had to make the excruciating choice to leave behind my past.

Nachdem Swift’s Vertrag mit BMR 2018 endete, unterschrieb sie einen Vertrag der Universal Music Group, mit dem sie auch die Lizenzrechte an aller Musik, die sie seitdem produziert hat, behält.

Tatsächlich verkaufte Borchetta BMR 2019, und damit unter anderem Swift’s musikalisches Lebenswerk, an Scooter Brauns Unternehmen Ithaca Holdings LLC. Swift verweist in ihrem Statement darauf, dass Braun sie in der Vergangenheit mehrfach gemobbt habe und Borchetta sich darüber im Klaren war. Braun wiederum verkaufte Swifts musikalischen Katalog weiter. Swift äußerte sich mehrfach dazu, dass sie nie eine richtige Chance bekommen habe, ihre Musik zurückzukaufen.

Fearless (Taylor’s Version) als erstes veröffentlichtes Re-Recording

Letztlich hat die Sängerin einen Weg gefunden, sich ihre Musik zurückzuholen – wenn auch nicht die originalen Masters. Mit jedem Ende eines Album-Kreislaufes darf Swift rechtlich ein Album neu aufnehmen und vertreiben. Bereits im Sommer 2019 äußerte sie öffentlich, dass sie auf jeden Fall alle betroffenen Alben (von ihrem Self-Titled-Album aus 2006 bis zu Reputation aus 2017) neu aufnehmen wollte. Nun ist es so weit: Mit Fearless (Taylor’s Version) wurde am 9. April das erste neu aufgenommene Album veröffentlicht – und es wurde dankend angenommen. Es stieg beispielsweise auf Platz 1 der Billboard 200 Charts ein – etwas, das noch kein neu aufgenommenes Album bis dato geschafft hat. Zudem ist es Swifts neuntes Nummer-1-Album und erreichte die meisten Streams einer Neuerscheinung während der ersten Woche in 2021.

Fearless (Taylor’s Version) steht dem Original in nichts nach

Mit Fearless (Taylor’s Version) hat Swift es geschafft, ein 13 Jahre altes Album authentisch wieder aufzunehmen und ihm doch einen neuen Touch zu geben. Die ersten 20 Tracks sind nah am Original gehalten. Auch Colbie Caillat, die bereits 2008 auf dem Song Breathe zu hören war, hat Taylor für Breathe (Taylor’s Version) noch einmal ihre Stimme geliehen. Unverkennbar ist Swifts Stimme, die über die Jahre kräftiger wurde und mehr Range erreicht hat. Wenn Änderungen vorgenommen wurden, sind sie minimal. So änderte Swift beispielsweise in You Belong With Me (Taylor’s Version) den Originaltext des ersten Verses „I’m in the room, it’s a typical tuesday night“ zu „I’m in my room, it’s a typical tuesday night“. Inwiefern das mit den Bedingungen des Re-Recordings zu tun hat oder ob das ein Kniff Swift’s ist, um die neuen Songs von den alten abzuheben, bleibt unklar.

Auch die musikalischen Arrangements blieben weitgehend gleich, ein Großteil wurde sogar mit Bandmitgliedern aufgenommen, die auch schon auf dem Originalalbum zu hören waren. Nur bei genauem Hinhören fallen minimale Unterschiede auf: In Love Story (Taylor’s Version) baut sich die Bridge vor dem letzten Refrain wie gewohnt langsam auf, ist aber in der neu aufgenommenen Version mit mehr Einsatz des Schlagzeugs geschmückt.

Songs From The Vault: Neue alte Songs auf jedem Album

Zusätzlich zu den Neuinterpretationen der Original-Songs gibt es auf den Taylors-Version-Alben Songs, die es nicht auf die Originalversion des Albums geschafft haben. Im Fall von Fearless (Taylor’s Version) sind das sechs brandneue Songs mit einigen namenhaften Features. So singt Swift auf You All Over Me (Taylor’s Version) (From The Vault) ein Duett mit Maren Morris und featured auf That’s When (Taylor’s Version) (From The Vault) Keith Urban, mit dem sie den letztgenannten Song vor über zehn Jahren geschrieben hat.

Die Vault-Songs von Fearless (Taylor’s Version) klingen textuell wie Fearless: Sie handeln von Liebe und Liebeskummer, von Herzschmerz und Abschied. Das lyrische Niveau ist nicht mit dem von Swifts aktuellen Alben folklore und evermore vergleichbar – vermutlich sollen sie das aber auch nicht sein. Vielmehr sollen sie eine Ode an eine frühere Zeit sein, eine Erinnerung an fast vergessene Stücke. Vor allem bietet Swift Zuhörer:innen durch die zusätzlichen Songs einen Grund mehr, ihre Version zu hören und zu kaufen anstatt der originalen.

Musikalisch ist allerdings ein Unterschied zum sonstigen Klangbild der Tracklist erkennbar: Die Songs klingen generell mehr nach Pop-Musik und bewegen sich bis auf You All Over Me und When We Were Happy mehr und mehr von Country-Klängen weg. Mr. Perfectly Fine ist ein Upbeat-Song, geleitet von einer Gitarre und untermalt von Schlagzeugklängen, der zum Mittanzen anregt und lyrisch von einer unglimpflichen Trennung handelt. Swift spielt gekonnt mit ihrer Stimme, indem sie lange Töne in einen Upbeat-Song einbaut. Don’t You klingt hingegen wie ein Song, der auf ihrem Album 1989 laufen könnte. Der ruhige, stetige Electro-Beat unterstützt Swifts Stimme kaum merklich. Bye Bye Baby ist ein ebenso ruhiger Song, dessen Melodie von Schlagzeug- und Keyboard-Klängen geprägt ist. Lyrisch handelt er zwar von dem Herzschmerz nach einer Trennung, doch irgendwie hat der Titel auch eine symbolische Wirkung: Es wirkt, als wolle sich Swift damit gleichzeitig von der Originalversion ihres ersten richtigen Albums verabschieden – mit einem lachenden und einem weinenden Auge.

Fearless (Taylor’s Version) macht Lust auf mehr

Fearless (Taylor’s Version) fühlt sich an wie der Besuch einer Freundin, die man 13 Jahre nicht gesehen hat: Irgendwie ist alles gleich geblieben, nur die befreundeten Menschen sind seit dem letzten Treffen erwachsener geworden. Es ist eine gelungene Interpretation des Originalalbums, die durch einen gekonnteren Einsatz von Swift’s Stimme auf bekannten Songs und die außergewöhnliche Gestaltung der Vault Songs glänzt. Somit kann man mit gutem Gewissen der Originalversion des Albums den Rücken kehren, ohne etwas zu verpassen.

Nachdem die Welt nun gesehen hat, was Taylor Swift aus Fearless gemacht hat, ist nur schwer abzuwarten, wie die kommenden Re-Recordings und vor allem Vault-Songs klingen werden. Um die Wartezeit zu versüßen bietet Fearless (Taylor’s Version) auf jeden Fall eine
gelungene Tracklist in Taylor’s Version, zu der man in Erinnerungen schwelgen oder neue machen kann. Wer eine Abwechslung braucht, könnte mit Swift’s aktuellsten Album evermore glücklich werden.


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