Guter Versuch, Borussia!

von am 10.06.2024

von Nicolas Kostic

Real glänzt schon wieder nicht – die Dortmunder spielen phasenweise brillant und unterliegen den Madrilenen letztendlich doch mit 0:2. Der Unterschied zwischen den beiden Vereinen ist jedoch größer, als es das Ergebnis vermuten lässt.

We are back in town, to steal the crown“ kündigten die Dortmunder Ultras mit ihrer Choreo vor dem Anpfiff des diesjährigen Champions-League Endspiels an. Nach 2013 auch dieses Jahr wieder im Finale des Wettbewerbs, den die Mannschaft mit der Krone gefühlt seit seiner Einführung besitzt: Real Madrid. Das weiße Ballett. Die Galaktischen. Die Königlichen eben.

Ein Gesamtmarktwert von 1,04 Milliarden Euro aus der spanischen Hauptstadt gegen den Klub aus dem Revier mit einem Marktwert von 465,40 Millionen Euro. Ganz so einfach ist Fußball jedoch bekanntermaßen nicht. Seit ihrer Einführung im Jahre 1963 ist das häufigste Spielergebnis in der Bundesliga ein 1:1 Unentschieden und das bei einem Spiel, welches 90 Minuten andauert. Geld schießt eben keine Tore. Würde man nur die nackten Zahlen betrachten hätte der BVB dieses Endspiel gar nicht erst erreichen dürfen, nicht mit finanzstarken Gegnern wie Mailand, Newcastle und Paris.

25.000 Dortmund Anhänger:innen im Stadion, weitere 50.000 beim Fanfest im Hyde Park und tausende vor den Bildschirmen hierzulande durften somit auf den großen Triumph in der Königsklasse hoffen. Genährt wurden diese Hoffnungen zusätzlich durch den Spielverlauf der ersten Halbzeit. Aus einer gesicherten Defensive und einem schnörkellosen sowie temporeichen Spiel nach vorne ergaben sich für die Elf von Trainer Edin Terzic mehr Chancen, als man vor dem Spiel erwartet hätte. Es gab sie in Hülle und Fülle. Julian Brandt zog nach Ablage von Niclas Füllkrug knapp rechts am Tor vorbei (14.), Karim Adeyemi war bereits an Torwart Courtois vorbei, wodurch allerdings der Winkel zu spitz wurde (21.), Füllkrug traf wohl im Abseits stehend den Pfosten (23.), kurz darauf scheiterte er mit dem Kopf (28.) und am Ende der ersten Halbzeit reagierte Courtois glänzend bei einem 20 Meter Schuss von Marcel Sabitzer (41.). Eine weitere Parallele zu 2013: Auch damals startete der BVB um einiges besser in das Finale, doch auch damals wurden die Chancen nicht genutzt.

Einmal mehr schien Real Madrid an diesem Abend also zu straucheln. Das erging der Mannschaft von Trainer Carlo Ancelotti in dieser langen Champions-League Saison bereits gegen Leipzig, Manchester City und den FC Bayern so. Einmal mehr schienen die Madrilenen an diesem Abend schlagbar.

Nun ist es aber so, dass Geld zwar keine Tore schießt, aber das sich Qualität dann doch in den meisten Fällen letztendlich durchsetzt. Qualität, davon besitzen die Madrilenen mehr als genüged und ab Beginn der zweiten Halbzeit offenbarten sie diese auch auf dem Spielfeld. Kroos per Freistoß (48.), ein Dropkick von Dani Carvajal (57.), eine Flanke von Vinicius Junior (69.), Bellingham auf Höhe des Elfmeterpunktes (77.) und Camavinga aus kurzer Distanz (81.). Nun hatten die Königlichen die Gelegenheiten, während der BVB nur noch durch einen Kopfball von Niclas Füllkrug (63.) zu einer nennenswerten Torgelegenheit kam.

Folgerichtig erzielte Madrid bei diesem Chancenplus das 1:0 durch Dani Carvajal (74.) und wenig später durch Vinicius Junior das 2:0 (83.). Der 173cm große Carvajal war bei seinem Kopfballtor nach Ecke dem 189cm großen Füllkrug entflohen, welcher ihn eigentlich decken sollte. Dem 0:2 aus Dortmunder Sicht war ein schwerwiegender Fehlpass von Linksverteidiger Ian Maatsen vorausgegangen. Zwei individuelle Fehler, zwei Tore.

Solche Fehler machen die Madrilenen bei ihrer enormen Qualität im Kader eben selten. Deren Spiel mag zwar nicht immer spektakulär wirken, ein Ancelotti mag nicht sämtliche Taktiken eines Pep Guardiolas im Repertoire haben, aber seine Gelassenheit scheint auf die Mannschaft abzufärben. Steht diese Mannschaft einmal mit dem Rücken zur Wand, scheint sie doch immer davon zu kommen. Für so ein Finale braucht kaum ein Spieler dieser Welt eine extra Motivation, Ancelotti sorgt im Gegenteil für eine Ruhe in der Mannschaf, die in den entscheidenden Momenten in gnadenloser Effektivität resultiert.

Es ist nach 2014 und 2022 bereits sein dritter Champions League Titel mit Madrid. Für den Verein ist es die 15. Trophäe insgesamt in dem Wettbewerb und die sechste innerhalb der letzten elf Jahre. Innerhalb dieser Zeit hat sich der Verein im Grunde mehr wie Dortmund verhalten, wie der BVB selbst. Spieler wie Rodrygo, Vinicius, Camavinga oder Bellingham, sie alle wurden in jüngsten Jahren geholt und in diesem vermeintlich einfachen Spiel der Madrilenen zu Galaktischen geformt. Gewonnen hat Madrid diesen Wettbewerb schon immer. Madrid und die Champions-League das war schon immer so eine Art Symbiose, nun formt man seine Stars dabei auch noch selbst. Allen die es nicht mit den Madrilenen halten dürfte angst und bange dabei werden, wenn ein solches Starensemble zusätzlich noch um einen Kylian Mbappé ergänzt wird.

Gegen diese Realität scheint man schwer anzukommen. Ein Füllkrug, Emre Can oder Julian Brandt von 2024 sind dann halt doch keine Lewandowskis, Gündogans oder Götzes aus dem Jahre 2013, die den Madrilenen noch vier Tore einschenkten. Deren damaliger Trainer Jürgen Klopp saß unter frenetischem Jubel des Dortmunder Anhangs auf der Tribüne des Wembleys und scheint Edin Terzic bei allem Respekt aus taktischer Sicht auch überlegen zu sein.

Diese individuelle Qualität hat der BVB dann doch nicht mehr im Kader. Dieser Realität kann man sich stellen, sie akzeptieren und doch weiterhin versuchen so wundersame Märchen wie diesen Finaleinzug zu schreiben. Kurz vor dem großen Finale gab der Verein seine neue Partnerschaft mit dem Waffenhersteller Rheinmetall bekannt und wurde dafür vielfach kritisiert, nicht zuletzt vom eigenen Anhang. Mit Deals wie diesem möchte man sicherstellen, dass man mit Vereinen wie Real Madrid auch langfristig einigermaßen schritthalten kann.

Vielleicht schreibt man dann aber doch lieber alle paar Jahre diese Fußballmärchen von Füllkrug, Can, Ryerson, Hummels und Reus, die plötzlich im Finale der Champions-League stehen und eventuell die erste Trophäe einstecken.

Ein guter Versuch war´s allemal!


Kommentare

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.


Campus Crew

Jetzt läuft
TITLE
ARTIST