Gaudi, Gedränge und irgendwie geil – Was die Passauer Dult ausmacht
von CampusCrew Redaktion am 19.05.2025
Abzocke oder Semesterabenteuer? Da streiten sich die Studi-Geister. Wir waren für euch dabei und haben die Passauer Maidult genauer unter die Lupe genommen – in all ihren Facetten.
Mittwochvormittag. Mein Telefon klingelt. „Wie schaut´s heute aus mit der Dult?“, fragt mich mein Kommilitone Jonas mit ungeduldigem Unterton am anderen Ende der Leitung. Ich zögere und versuche, mich an die letzte Dult zu erinnern. Wie schaut´s denn eigentlich aus?
Erster Dulttag: Bereits um 14 Uhr tummeln sich ein paar Münchner Studierende in den ersten Reihen vor der Bühne und betreiben Daydrinking at its best. Als Frau bereitet es mir eine besondere Freude, die nächsten Stunden in der stickigen Veranstaltungshalle vier Schichten vollzuschwitzen: Das blaue Dirndl, die Bluse, meine Nylonstrumpfhose und den Klassiker – die Radlershorts, ohne die Jürgen später etwas zu tief unter meinen Rock blicken könnte. Um 16 Uhr genehmigen wir uns die erste Maß, die um diese Uhrzeit noch zapffrisch an den Tisch gebracht wird. Zu späterer Stunde lässt sich mit etwas Glück und zu einem teureren Preis, den das Servicepersonal mit großer Vorliebe selbst festlegt, auch ein lauwarmes Bier erwerben.
Weniger riskant erweisen sich die Fahrgeschäfte auf dem Festplatz. Anstatt vier Euro und aufwärts für eine Mitfahrt zu zahlen, lohnt es sich auch, diesen Betrag in eine Tüte gebrannte Mandeln zu investieren und die verschiedenen Zielgruppen der Vergnügungsgeräte zu beobachten. Mit dabei? Die 13-Jährigen vor dem Autoscooter. Dresscode: Jogginghose und Bauchtasche. Seit einigen Jahren ist es laut persönlichen Beobachtungen besonders „wyld“, sich die schwarzen Schmierfettrückstände vom Boden des Fahrgeschäfts als Kriegsbemalung auf die Wangen zu schmieren. Nachvollziehbar? Voll und ganz. In dem Alter hatte ich wenig Taschengeld. Und was gibt es Besseres als das Sonderangebot Autoscooter und Kosmetik zum Preis von einem?
Ein weiterer Klassiker: Das Riesenrad. Einige Damen sind sich scheinbar unsicher, ob es wirklich moralisch vertretbar ist, den Herrn, den sie aus dem Stadl angeschleppt haben und morgen im ausgenüchterten Zustand nicht mehr wiedersehen wollen, sieben Euro für ihre Fahrkarte zahlen zu lassen. Wenn es genauso hoch hinausgehen soll, kann der „No Limits“ als Ausweichmöglichkeit dienen. Für einen geringen Aufpreis erhält der Zahlende hier die Garantie, dass seine Herzensdame Angst bekommt und seine Hand in 42 Metern Höhe hält.
Durch das Zuschauen bekommt auch die Crew Lust darauf, mitzufahren. Als erfahrene Dultgänger wagen Jonas und ich uns auf das Gerät mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis: „Happy Monster“. Kein Breakdance-Karussell, das uns den Nacken verreißt, keine außergewöhnlichen Höhenmeter. Und doch merken wir nach der Fahrt, dass wir nicht ganz schwindelfrei sind. Eine Runde reicht für den gesamten Abend und wir kehren zurück in den Dschungel mit den wilden Tieren, den Stadl. Eine Bierbank biegt sich unter der Last von sechs Besoffenen und den schrägen Tönen der Frontsängerin, die mit „Herzbeben“ wohl Helene Fischer imitieren möchte. Ich nehme die Hand meiner Freundin Toni und steige zu ihr hinauf in die Musik. Hinter uns fällt ein Junge in meinem Alter auf den Tisch vor sich und kippt seinen Maßkrug um. Das ganze Zelt grölt die Klassiker – Wolfgang Petry, Spider Murphy Gang, Nena. Es tut gut, sich in den Armen zu liegen und nur den blau-weißen Stadl-Himmel über sich zu sehen.
Nach ein paar Songs steigt mir die schwüle Luft zu Kopf und ich verschwinde wieder nach draußen. Es hat geregnet und ich friere in meinem verschwitzten Dirndl auf der nassen Straße. Ich frage mich, ob die Dult das Geld, die Geduld und meine Gesundheit wert ist und warum wir uns das immer wieder antun. Ich weiß es nicht genau. Aber am Ende des nächsten Monats, wenn ich in meiner Politik-Klausur an der Uni sitze und das Sommersemester Revue passieren lasse, vermisse ich die Dult wie nichts Zweites.