Souly – Zwischen Trance und Yoga

von am 27.06.2025

Nach einer gefühlten Ewigkeit, multiplen Pre-Releases, Promos und Musikvideos droppt nun das neue Album von Souly. traence erschien am 13. Juni 2025; es ist sein viertes Album und trifft mit dem Namen den Nagel auf den Kopf. Souly ist von vornherein bekannt für seine experimentellen Sounds, wobei er immer wieder zeigt, wie Deutschrap neben Techno-Influenzen auch eine meditative Stimmung hervorbringen kann.

von Fynn O’Brien

Der Titel des Albums ist ein Neologismus aus „Trance“ und „Trueness“ und deutet nicht nur das Klangbild des Musikgenres aus den 1990er Jahren, mit ihren elektronisch, harmonisch entsprechenden Akkorden und Melodien an — er ist eine Hommage an die Echtheit und Authentizität.

Das Album, produziert von Stoopid Lou und den Waterboutus Zwillingen, ist dabei stilistisch voll abgestimmt, wodurch es sich melodisch und rhythmisch nahtlos aneinanderfügen lässt. Dazu tragen minimalistische, hypnotische Loops, orchestrale Begleitung, wie Geige und verstimmt klingende Klangspiele bei. So ergibt sich ein stark reduziertes Klangbild, in der die Melodie einen ganz anderen Fokus bekommt. Das betonte Souly nochmal in einem Interview mit Deutschrap ideal: „Es geht gar nicht drum, dass ich mein Mic in die Hand nehme und rappe – auch die Zwischenphasen sind wichtig. Auch wenn nur drei Minuten ein Beat läuft, das ist der Shit“.
Besonders interessant sind die Melodien bei bestimmten Songs, die einen gewissen meditativen, Trance-mäßigen Zustand imitieren. Ein gutes Beispiel dafür ist die vorab releaste Single Dónde, in der das Sample (nur mit erhöhtem Tempo) an ein typisch fünfstündiges Yoga/Meditation YouTube-Video erinnert. Weitere Beispiele für diesen Vibe sind die bereits genannten Klangspiele in Du oder besonders prominent, die in Soft im Hintergrund zu hörenden Bambusflöten. Es bleibt fraglich, ob jemand bei traence meditieren, oder gar Yoga machen wird, dennoch ist diese musikalische Ausrichtung eindrucksvoll und vor allem in der Deutschrap-Szene unerwartet.
Zu erwähnen sind die zusätzlichen Stimmen, die das Album stilistisch ergänzen, obwohl keine Features enthalten sind. Bisweilen tauchen Roboterstimmen auf, welche auch direkt beim ersten Song des Albums All white zu hören sind (Fun Fact: dabei handelt es sich um ein Sample des Roboters „GlaDOS“ aus dem Videospiel Portal 2). Auch Chöre geben dem Klangprofil eine zusätzliche Dimension, wie im zweiten Song Maske weg. Die Ad Lips erinnern stark an die von US-Rapper Playboy Carti, was in der Szene zum Teil kritisiert wird. So wird Souly auch vorgeworfen den Flow von Carti zu kopieren, dennoch muss hier deutlich zwischen Inspiration und Kopie unterschieden werden. Mittlerweile hat sich Souly komplett seinem eigenen Stil verschrieben und dazu gehören eben auch seine Fantasiewort-Ad Lips.

In typischer Souly-Manier bleiben die Lyrics in den Songs eher minimalistisch, beziehungsweise bei stark reduzierten Sätzen. Bei traence zeigen sich allerdings noch stumpfere und skizzenhaftere Sätze als gewöhnlich. Das zeigt sich vornehmlich bei den Reimen, bei welchen mit Parallelismen oder Chiasmen gearbeitet wird. Wahre Highlights aus den Lyrics wären zum Beispiel:

Meine Große Schwester hat gesagt: ‚Pass immer auf dich auf‘,
also pass‘ ich immer auf mich auf
(Nichts hittet mehr)

Ich berühre dein Girl nur beruflich, sie kann jeden Song von mir fühl‘n
Ich fühle mich wie Thomas Gottschalk, wie ich deine Freundin berühr‘ 
(Mein Blut)

Und ich rauche 500 Joints
Dann rauch‘ ich 500 mehr, heh 
(500 Joints)

Inhaltlich setzt sich traence mit emotionaler Belastung, Selbstwahrnehmung und Erwartungen auseinander. Die intensive Auseinandersetzung mit diesen Themen hat auch zu der verspäteten Veröffentlichung geführt; geplant war der Release eigentlich für März 2025. Im Interview spricht Souly offen darüber wie er gegen Panikattacken im Studio ankämpfen musste, aufgrund von Leistungsdruck und der Angst vorm Scheitern. Als Perfektionist hat er das Album mehrfach überarbeitet, wobei viele Songs nicht releast wurden.

Das wird in dem Song triff mich halben Weg nochmal deutlich: „Die letzten vier Wochen war ich im Studio und ich machte nichts außer circa fünfzig Songs und davon kommt keiner raus, Mann, das ist traence für mich.“ Ein insgesamt sehr stimmiger und tiefgründiger Song, der schnell zum persönlichen Favorit avancieren kann. 

Im Resümee schafft traence einen Zugang zum doch recht eigenwilligen Sound von Souly. Die Welten von Trance, Trap und Deutschrap zu verbinden ist eine Meisterleistung an sich. Und obwohl seine vorerst releasten Singles, sowie das Album, bei den Fans sehr gemischte Gefühle erweckt haben, ist es inzwischen typisch für Souly, dass seine Musik erst nach geraumer Zeit wirklich wahrgenommen und gefeiert wird. Also macht euch auf die Reise – traence.

Rating: 4,5/5

Tracklist:

  • All White – 3:05
  • Maske Weg – 2:58
  • Kann nicht warten – 2:40
  • Dreh den auf – 2:40
  • Soft – 2:08
  • Mein Blut – 2:05
  • Nichts hittet mehr – 3:28
  • Bentley – 3:00
  • Pop (d.P.) – 3:12
  • Kronleuchter – 2:43
  • Du – 3:19
  • 500 Joints – 2:53
  • m.p.x – 2:59
  • Manie – 3:20
  • triff mich halben Weg – 3:36
  • Dónde – 2:40

traence auf Spotify


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