Dies Academicus
von Campus Crew Redaktion am 14.11.2024
Nicht nur die Banner über dem Mensavorplatz, sondern auch die Limousinen vor dem AudiMax kündigten ihn an: den Dies Academicus 2024, den Jahrestag der Universität Passau. Traditionell wird an diesem Tag mit Reden und Festlichkeit schon Erreichtes geehrt und anstehende Projekte angekündigt. Vor allem aber werden auf dem akademischen Ehrentag „Auszeichnungen an Personen und Einrichtungen vergeben, die sich in besonderem Maße um die Universität verdient gemacht haben“, so auf der Uni-Website zu lesen.
Von anonym
Um 16 Uhr am vergangenen Freitag eröffnete Universitätspräsident Prof. Dr. Ulrich Bartosch die Veranstaltung im festlich beleuchteten Hörsaal 10. Geschmückt mit seiner goldenen Amtskette begrüßte er alle Anwesenden – Kollegen, Ehrengäste, Sponsoren – und fragte am Ende in die Runde, ob er wohl niemanden vergessen hatte. „Die Studierenden“ war die Antwort aus der ersten Reihe. Ach ja, die Studierenden. Die gehören natürlich auch zu einer Universität. Allerdings waren diese bei der Veranstaltung leider kaum vertreten, weder unter den Preisträger*innen und Preiskategorien noch im Publikum. Es scheint, als sei der Dies Academicus nur der Tag derer, die schon Akademiker sind, nicht derer, die sich noch auf dem akademischen Weg befinden.
Auf die Rede des Präsidenten folgte eine kurze Begrüßung des Bayrischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst, danach erneut eine Rede von Präsident Bartosch. Was die Universität in ihren langen Jahren des Bestehens schon erreicht hätte, die PowerPoint-Folie hinter ihm zeigt fünf Stichpunkte. Dick unterstrichen ist das Wort Beispiele in der Überschrift, der Rest hatte wohl keinen Platz mehr. Ein stockendes Video zeigt Alumni, die von aller Welt und allen Positionen grüßen, anscheinend produziert die Uni Passau große Karrieren. Es wird darüber gesprochen, wie wichtig Meinungsfreiheit und Demokratie ist, wie bedeutend freie Lehre und Bildung. Ein weiterer männlicher Redner, Prof. Dr. Rosenthal, Präsident der Hochschulrektorenkonferenz, hält den Festvortrag zur Freiheit der Wissenschaft. Ein kleiner Witz über das Gendern, im Jahr 2013 durfte man ja noch Studenten sagen, heute nur noch Studierende. Vereinzeltes Lachen kommt aus den Reihen. Die unwoke Abgleisung wundert niemanden, in einem Saal, der von Männern und weißen Rednern dominiert wird, die sich gegenseitig beteuern, wie großartig ihre Leistungen sind. Und die Studierenden? Die über 10500 Angehörigen der Uni – nicht repräsentiert. Nicht einmal die studentischen Senatoren dürfen reden. Vielleicht war die Angst vor Kritik zu groß. Das wäre sicherlich unpassend an einem so durchinszenierten Tag der Uni. Schließlich gehört diese zu den besten 25 der Welt – da ist Kritik ebenso unerwünscht wie ungerechtfertigt. Fast schon absurd, mehr als eine Stunde die Meinungsfreiheit zu preisen, aber die, die sich tagtäglich für den Studierendenalltag engagieren, nicht zu Wort kommen zu lassen.
Bartosch kündigt an, sich nicht wieder zur Wahl des Unipräsidenten aufstellen zu lassen. Nicht, weil er jüngeren Generationen oder anderen Geschlechtern zeitgemäß Platz machen will. Nein, weil er wohl etwas Kritik abbekommen hat, wie er selbst sagt. Zu viel Kritik, um weiter zu bestehen. Eine Reaktion aus dem Publikum bleibt aus, Applaus wäre wohl unangebracht. Der AudiMax verkörpert das aktuelle Gesellschaftsbild perfekt. Die alten Generationen, vor allem Männer, loben ihre Leistungen, an einem Tag der eigentlich jemand anders gewidmet ist. Zensieren jegliche Art von Kritik an ihrem System, nun ja, weil sie es können. Ebenso unterrepräsentiert sind Frauen. Die alte Generation vergisst die Junge. Die Zukunft der (Universitäts-) Gesellschaft sind nicht die, die bald in Rente gehen. Es sind die, die noch etwas bewirken können und wollen. Die Motivation und Anerkennung für die Leistungen sollten ihnen gehören. Das belastende Fazit ist, dass selbst in den heiligen Hallen der Wissenschaft und Lehre, es progressives und anti-patriarchales Denken noch nicht in die Führungspositionen geschafft hat.
Von 17 Preisen insgesamt geht nur einer an ein studentisches Engagement. Eigentlich zwei, die Brüder Grimm wurden für ihre ausordentliche sportliche Ruderleistung geehrt, aber leider hat man sie in der Dies Academicus Broschüre vergessen. Damit soll niemanden ein Preis abgesprochen werden. Jede und jeder hat diesen Preis verdient und auch hart dafür gearbeitet. Von Forschung bis hin zu guter Lehre – alles wichtige und zeitaufwendige Faktoren, die niemand vergessen und untergraben sollte. Aber die Universität Passau vergisst das Herzstück: die, die kein Geld verdienen mit ihrem Engagement. Sei es in Hochschulgruppen, der Hochschulpolitik oder eigenständigen Projekten. Die Leute, die die Uni vorantreiben, herausfordern und weiterbringen, und das in ihrer Freizeit, neben dem Studium und ohne Entgelt, wurden an diesem Tag leider größtenteils vergessen. Von zwei Stunden geplanter Ehrung, waren nach den großen Reden gerade mal zwanzig Minuten für die eigentliche Preisverleihung übrig. Händeschütteln, Foto für die Presse und weiter.
Der größte Applaus ging, wohlverdient, an Leo Kilz und Bastian Mogel, eben diese zwei Studenten, die in unzähligen Stunden ihre Freizeit, Nerven und auch Vorlesungen geopfert haben, um aus dem Ehret-Gelände den Kulturtransport zu erschaffen. Aus einer baufälligen Ruine, mit der niemand etwas anzufangen wusste, entstand in über einem Jahr harte Arbeit ein Platz für unzählige Projekte, Kulturaufführungen und Feiern. Zum Glück hat man Ihnen es gedankt. Das lässt hoffen, dass es auch weiterhin engagierte junge Leute gibt, die etwas bewegen wollen. Trotz dem Stress und Schwierigkeiten. Und vielleicht lässt die Sparkasse dann am Dies Academicus, Tag der unabhängigen Wissenschaft, sogar 1000 Euro Preisgeld springen.